Weniger Stress

Immer mehr Unternehmen setzen auf ein betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) – allerdings nicht immer aus den richtigen Gründen.
Illustration: Alin Bosnoyan
Julia Thiem Redaktion

Mitarbeiter zufrieden stellen, das Arbeitgeberimage verbessern und ja, auch das nachhaltige Leistungsniveau fördern – die Gründe, warum Unternehmen ein betriebliches Gesundheitsmanagement initiieren, sind vielschichtig. Das zeigt die aktuelle BGM-Studie 2019/2020, herausgegeben von der Zeitschrift Personalwirtschaft, der ias-Gruppe, dem Fürstenberg Institut und der Techniker Krankenkasse. Eine ganzheitliche Betrachtung des Themas sieht jedoch anders aus. Denn auch bei den Top-Themen im BGM sucht man eine gewisse Kreativität vergebens, wie die Studie offenlegt: Arbeitsschutz, Bewegungsangebote, Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Stressmanagement werden da überwiegend genannt.

 

Genau deshalb kritisieren die Studienmacher eine fehlende strategische Ausrichtung des BGM – insbesondere im Mittelstand. Nur 26 Prozent der Unternehmen haben tatsächlich ein übergreifendes BGM-Konzept und nur 39 Prozent leiten aus Analysen – beispielsweise durch Mitarbeiterbefragungen – auch regelmäßige Maßnahmen ab. Kein Wunder, dass die Belegschaft das BGM da eher als „Eintagsfliege“ ansieht. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer empfindet das Gesundheitsangebot des eigenen Unternehmens als nicht nachhaltig genug. „Einzelne Bausteine sollen vor allem schnell das Wohlbefinden am Arbeitsplatz verbessern – etwa Obstkörbe oder Rückenkurse. Ein Apfel ist ein schönes Zeichen der Wertschätzung, aber er ist auch schnell verdaut“, gibt Dr. Alexandra Schröder-Wrusch, Vorstand der ias-Stiftung, im Interview mit dem FAZ Personaljournal zu bedenken. Das Problem hinter den vielen „Eintagsfliegen“ ist laut der BGM-Studie unter anderem die fehlende Zuständigkeit. In jedem dritten Unternehmen ist niemand explizit für das BGM verantwortlich, bei einem weiteren Drittel liegt es als Zusatzaufgabe bei einem Personalreferenten. Interessant ist auch, dass Unternehmen überall digitalisieren, bei der Gesundheitsvorsorge für ihre Belegschaft diese wichtigen und dankbaren Instrumente jedoch größtenteils ungenutzt lassen. Tracking-Tools, digitale Coaching-Apps oder Telemedizin sucht man in vier von zehn befragten Unternehmen vergebens.



Doch genau hier liegt großes Potenzial. Mit digitalen Tools könnte ein ganzheitliches BGM sogar an mehreren Standorten übergreifend umgesetzt, Angebote für verschiedene Mitarbeitergruppen individuell angepasst oder auf regionale Unterschiede eingegangen werden. Eine Mischung aus analogen und digitalen Angeboten wäre vor allem für die jüngeren Generationen interessant. Beispielsweise könnte ein Achtsamkeitsseminar analog mit einer bestimmten Anzahl an Teilnehmern stattfinden, die Inhalte als Stream im Anschluss jedoch auch für die gesamte Belegschaft im Intranet zur Verfügung stehen. Der so gewonnene Freiraum, wie und wann ein Mitarbeiter die BGM-Angebote nutzt, reduziert dann nämlich auch gleich den Stress und fördert die Selbstbestimmung. Und das ist ein nicht zu unterschätzender Aspekt, wie Forscher der Uni Bayreuth nun rausgefunden haben: Je mehr Kreativität und Risikobereitschaft von Mitarbeitern gefordert werden, desto höher das Stresslevel. Deswegen tun gerade der Mittelstand, aber auch Start-ups gut daran, nachhaltig und langfristig in die Gesundheit ihrer Belegschaft zu investieren.
 

 

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