Berufswunsch UnternehmerIn

Deutschland braucht eine stärkere Gründerkultur, um in Sachen Innovation den Anschluss nicht zu verpassen. Doch was hält gerade junge Menschen eigentlich davon ab, Unternehmer oder Unternehmerin zu werden?
Illustrationen: Daria Domnikova
Illustrationen: Daria Domnikova
Julia Thiem Redaktion

Arbeiten bei der Feuerwehr, ein Flugzeug fliegen oder als Tierarzt respektive Tierärztin durchstarten – an den beliebtesten Berufen für Kinder hat sich laut einer von der Appinio GmbH durchgeführten Studie auch im digitalen Zeitalter nicht viel geändert. Das allein ist schon verwunderlich. Gleich geblieben scheint zudem auch die Tatsache, dass die Wenigsten im Erwachsenenalter an den frühen Berufswünschen festhalten. Oder wie ist es zu erklären, dass laut einer repräsentativen Umfrage der Startup Teens 49 Prozent der befragten Schülerinnen und Schüler später mal ein eigenes Unternehmen gründen wollen, es aber nur ein kleiner Bruchteil anschließend auch wirklich in die Tat umsetzt?


Hauke Schwiezer, Mitgründer und Geschäftsführer der Non-Profit-Initiative Startup Teens, und Johannes Vogel, Mitglied des Deutschen Bundestages und Generalsekretär der FDP in Nordrhein-Westfalen, schreiben in einem aktuellen Gastkommentar für das Handelsblatt, dass Deutschland mit seinem eigentlichen Rohstoff, dem kreativen Kapital der Menschen, viel zu sorglos umgeht. Sie unterstreichen diese These mit einer aktuellen Untersuchung des Global Entrepreneurship Monitor, wonach Nationen, die bereits in der Schule einen hohen Fokus auf unternehmerische Bildung legen, signifikant mehr Gründungen haben und diese auch nachhaltig erfolgreicher sind. Im aktuellen Ranking von insgesamt 54 Ländern liegt Deutschland auf einem desaströsen 36. Platz – hinter Pakistan, Guatemala und Armenien.


Ein ähnliches Bild zeichnet auch der Gründungsmonitor der Förderbank KfW, wonach die sogenannte Gründerquote, die Zahl der Existenzgründer pro 100 Einwohner im Erwerbsalter, seit vielen Jahren sinkt. Das ist insofern verwunderlich, als die unzureichende Gründerkultur in Deutschland durchaus erkannt und adressiert wird – mit Gründerstipendien, einer Vielzahl an Inkubatoren, bis hin zu Cluster-Initiativen der verschiedenen Bundesländer. Aber auch hier gilt: Eine gute Idee allein reicht nicht, auch nicht für ein Gründerstipendium oder die Aufnahme in einen Inkubator. Gründer benötigen mindestens einen Businessplan, der auch Prognosen für die kommenden Jahre umfasst. Und da viele von ihnen aus dem technischen Umfeld kommen, fehlt oftmals das unternehmerische und betriebswirtschaftliche Know-how.


Und dann ist da natürlich noch das Kapital. Laut dem Gründungsmonitor 2020 der KfW lagen die Kosten für eine Neugründung 2019 bei 16.700 Euro, im Vollerwerb bei 36.400 Euro – ohne laufende Kosten, versteht sich. Demgegenüber steht eine Umfrage der Commerzbank, wonach 78 Prozent der Befragten Start-up-Gründer das Finanzielle aus eigenen Ersparnissen stemmen. Wer sich also nicht frühzeitig weitere Finanzierungen sichern kann, geht selbst mit einer guten Idee schnell baden – oder versucht es eben gar nicht erst.


Immerhin werden die Herausforderungen mittlerweile erkannt, die den vielen guten Ideen und kreativen Köpfen im Weg stehen. Nun gilt es, bestehende Förderprogramme und Hilfen so anzupassen, dass Gründen in Deutschland leichter wird. Und wir müssen viel früher ansetzen, um auch eine heranwachsende Generation mit einem grundlegenden Verständnis dafür auszustatten, was Unternehmertum bedeutet.

 

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