Neuer Umgang mit Risiken

Vermehrter Fokus auf Extremereignisse, Kombinationseffekte, Einbindung in unternehmerische Entscheidungen – wie sich Risikomanagement angesichts aktueller Herausforderungen und Regulierungen neu ausrichtet.
Illustration: Ivonne Schulze
Illustration: Ivonne Schulze
Prof. Dr. Werner Gleißner Redaktion

Die Fähigkeit im Umgang mit Unsicherheit, mit Chancen und Gefahren, ist von zentraler Bedeutung für den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens. Dies ist offensichtlich, wenn man bedenkt, dass Unternehmen immer Risiken eingehen müssen und ihr Erfolg davon abhängt, diese bei unternehmerischen Entscheidungen adäquat zu berücksichtigen. Es ist deshalb nicht übertrieben zu sagen: Der Umgang mit Risiken ist die zentrale Herausforderung jeder Unternehmensführung.

 

 

Menschen befassen sich nicht gerne mit Risiken – man spricht von „Risikoblindheit“. Nun hat aber die Covid-19-Wirtschaftskrise daran erinnert, wie Risiken zu Krisen und oft sogar zu einer Bestandsgefährdung führen können. Notwendig ist daher eine systematische Analyse solcher Extremrisiken und anderer strategischer Risiken, etwa die Bedrohungen von Erfolgspotenzialen.  

 

Seit dem 1.1.2021 wird eine solche Fähigkeit zur Krisenfrüherkennung von allen Kapitalgesellschaften auch gesetzlich gefordert. Notwendig ist dafür eine Risikoanalyse und sogenannte Risikoaggregation, um „bestandsgefährdende Entwicklungen“ auch aus Kombinationseffekten von Einzelrisiken erkennen zu können. Erstmals fordert der Gesetzgeber nun auch „geeignete Gegenmaßnahmen“ zur Krisenprävention.
Die wichtigste  Veränderung im Risikomanagement ist aktuell der Paradigmenwechsel hin zu einem entscheidungsorientierten Risikomanagement. Durch die „Business Judgement Rule“ ist schon bei der Vorbereitung  unternehmerischer  Entscheidung zu zeigen, wie sich der Risikoumfang durch diese verändern würde. Das Risikomanagement soll also in die Entscheidungsvorbereitung, zum Beispiel bei Investitionen, eingebunden werden.

 

Diese Neuerungen sollten Anlass sein, das Risikomanagement weiterzuentwickeln, was auch hilft, persönliche Haftungsrisiken der Geschäftsleiter zu vermeiden. Risikomanagement sollte als Instrument verstanden werden, um Krisen und Insolvenzen zu vermeiden, die Planungssicherheit zu erhöhen, Risikokosten zu senken und die Informationen für Entscheidungen bereitzustellen. Letztlich geht es darum, bei unternehmerischen Entscheidungen Ertrag und Risiko fundiert abwägen zu können. Davon hängt der Erfolg des Unternehmens ab.

 

Um diese Potenziale zu erschließen, sind einige grundlegende Aufgaben zu erfüllen: Notwendig ist eine strukturierte Identifikation der wesentlichen Risiken und deren Quantifizierung. Dabei sollte man sich von der Vorstellung verabschieden, Risiko sei Eintrittswahrscheinlichkeit mal Schadenshöhe, da die meisten Risiken durch eine Bandbreite unsicherer Auswirkungen charakterisiert sind. Notwendig ist insbesondere eine Risikoaggregation mittels Simulation und Bezug zur Unternehmensplanung, um den Gesamtrisikoumfang (Eigenkapitalbedarf) zu berechnen und um Kombinationseffekte von Risiken zu beurteilen, die potenziell bestandsgefährdend sind.

 

Entscheidend ist, dass die Unternehmensführung Risikomanagement als strategische Querschnittsfunktion versteht, die bei der Bewältigung der Herausforderungen einer nicht sicher vorhersehbaren Zukunft unterstützt.

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