»Gelegentlich kommt es zu regelrechten Neuerfindungen«

Dr. Matthias Geissler vom RKW Kompetenzzentrum über Erfolgsfaktoren im deutschen Mittelstand.
Dr. Matthias Geissler – Leiter des Fachbereichs Digitalisierung und Innovation, RKW Kompetenzzentrum
Dr. Matthias Geissler – Leiter des Fachbereichs Digitalisierung und Innovation, RKW Kompetenzzentrum
RKW Kompetenzzentrum Beitrag

Herr Dr. Geissler, eine aktuelle RKW-Publikation nimmt die kleinen und mittleren Unternehmen in den Blick. Wie schlagen sie sich in der Corona-Krise?

Der deutsche Mittelstand ist extrem divers und schlägt sich sehr unterschiedlich. Wie man weiß, sind Branchen wie Gastronomie und Veranstaltungswirtschaft in ungleich höherem Maß betroffen als beispielsweise IT-Dienstleister oder der produzierende Mittelstand. In unserer Studie haben wir allerdings nicht die Auswirkungen der Corona-Krise untersucht, sondern haben uns anhand der Ausgezeichneten des „Großen Preis des Mittelstandes“ die langfristigen Erfolgsfaktoren angeschaut, die kleine und mittlere Unternehmen erfolgreich machen. Wir haben im Nachgang aber gesehen, dass diese Faktoren zugleich diejenigen sind, die kleine und mittlere Unternehmen für Krisen rüsten und sie besser durchstehen lassen – und eben auch diese Krise.  

 

Welche Faktoren sind das?

Es handelt sich im Wesentlichen um strategische Faktoren. Erfolgreich sind Unternehmen, die ihre Gesamtentwicklung im Blick haben und sich stärker um Schaffung und Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen bemühen als nur um Expansion und Wachstum. Wir haben beobachtet, dass erfolgreiche Mittelständler lokal verankert sind und sich um Nähe zu ihren Kunden bemühen. Ein wichtiger Faktor bleibt die Tugend des lokalen Engagements, etwa durch Sponsoring oder Unterstützung von Initiativen.

 

Die Digitalisierung gilt als starker Wachstumstreiber. Ist sie bei den Mittelständlern angekommen?

In Teilen. Spannend ist, dass sich die erfolgreichsten Unternehmen bei der Digitalisierung nicht mehr nur auf einzelne Prozesse oder Produkte konzentrieren, sondern ihr ganzes Geschäftsmodell – oder Teile davon – auf die Digitalisierung ausrichten. Es werden nicht mehr nur Maschinen vernetzt oder die Prozessplanung effizienter gestaltet, sondern auch darüber nachgedacht, wie die gewonnenen Daten zum Geschäft beitragen können.

 

Hätten Sie ein Beispiel?

Etwa: Kann ich mir ein zweites Standbein aufbauen, indem ich eine App anbiete, die ein bestimmtes Problem in meiner Branche löst? Kann ich mich mit meinen Kunden dauerhaft digital vernetzen? In dieser Richtung erschließen sich viele Unternehmen derzeit neue Potenziale durch Erweiterungen oder Anpassungen ihrer Geschäftsmodelle. Oft handelt es sich dabei um kleine Schritte, die für die Zukunftsfähigkeit der eigenen Unternehmung die Richtung weisen. Gelegentlich kommt es aber auch zu regelrechten Neuerfindungen.

 

Das RKW Kompetenzzentrum ist ein gemeinnütziger und neutraler Impuls- und Ratgeber für den deutschen Mittelstand und unterstützt diesen dabei, Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraft zu steigern und Strukturen und Geschäftsfelder anzupassen. Das RKW Kompetenzzentrum wird vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

 

www.rkw-kompetenzzentrum.de

 

 

Erster Artikel
Wirtschaft
Juli 2023
Illustration: Lara Paulussen
Redaktion

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